Typografie: Schusterjunge und Hurenkind

Schusterjunge und Hurenkind sind Begriffe aus dem Druckereihandwerk
Das Druckereihandwerk hat – wie jedes Handwerk – im Laufe der Jahre eine eigene Sprache entwickel.
Noch heute werden diese Begriffe teilweise verwendet, um Arbeitsschritte zu benennen oder bestimmte Layout- und Satzprobleme zu beschreiben.


Zwei diese alten Begriffe sind Schusterjunge und Hurenkind:
Beide bezeichnen typografische Fehler.

Die Begriffe Schusterjunge und Hurenkind stammen aus einer Zeit, in der bestimmte Berufe oder Gruppen von Menschen negativ bewertet wurden.
Für Fehler beim Schriftsatz wurden negativ besetzte Begriffe hergenommen.
Durch die Verwendung solcher Begriffe im Arbeitsumfeld, wie beim Desktop-Publishing (DTP), können negative Assoziationen und ein unprofessionelles Arbeitsklima entstehen. An ihrer statt sollten neutrale und angemessene Bezeichnungen genutzt werden:
Als Synonyme für die diskriminierenden Begriffe Schusterjunge und Hurenkind findet man immer häufiger auch „Findelkind“ oder „Waisenkind“, bzw. „Witwe“ oder „Witwenzeile“.

Da Schusterjunge und Hurenkind dennoch sogar im Duden auftauchen, haben wir uns entschlossen, sie hier zu erklären, zumal sie Layoutfehler beschrieben, die im modernen Desktop-Publishing immer wieder vorkommen können:

Schusterjunge (besser: Findelkind oder Waisenkind)

Dieser Begriff „Schusterjunge“ bezeichnete in der Druckersprache ein einzelnes Wort oder eine Zeile, die am Anfang eines neuen Absatzes, der am Ende einer Seite steht, während der Rest des Absatzes oben auf der nächsten Seite fortgesetzt wird.

Druckersprache Schusterjunge - eine Erklärung

Diese Schusterjungen-Zeile kann zu einem unschönen Erscheinungsbild führen und die Lesbarkeit des Textes beeinträchtigen, denn der Betrachter muss zum vollständigen Erfassen des Textes erst in den Kopfbereich der nächsten Seite wechseln.
Darum sollten Sie als Desktop-Publisher darauf achten, den Textfluss und die Seitenumbrüche sorgfältig zu gestalten.
Dies kann durch manuelle Anpassungen oder die Verwendung von Layout-Software (z.B. Adobe InDesign) erreicht werden.
Die Wahl der Schriftgröße, des Zeilenabstands sind ebenfalls wichtige Faktoren, um ein professionelles Erscheinungsbild zu gewährleisten.

Herkunft:
In den ersten Jahrhunderten wurden von den Druckern oft Waisenkinder als Lehrlinge und für die niederen Arbeiten aufgenommen.
Diese Schusterjungen wurden nach Ihrer Lehrzeit oft entlassen und wussten deshalb nicht, wie es mit ihrem Leben weiterging.
Ebenso verhält es sich mit der einzelnen Zeile im Fußbereich einer Seite.


Hurenkind (besser: Witwe oder Witwenzeile)

Dieser Begriff „Hurenkind“ bezeichnet in der Druckersprache ein Spalten- oder Absatzende, das getrennt von dem dazugehörigen Text oben am Anfang einer neuen Seite steht.

Druckersprache: Hurenkind - eine Erklärung

Diese Hurenkind-Zeile ist ein schwerer typografischer Fehler, besonders dann, wenn sich auf der Rückseite eines Blattes befinden, denn dann beginnt diese Seite mit einem aus dem Kontext herausgerissenen Textfragment, dessen Bedeutung sich erst durch ein Zurückblättern erschließt.
Als die Texte noch mit einzelnen Bleilettern für die Druckform „gesetzt“ wurden, war ein großer Arbeitsaufwand nötig, um diesen Fehler zu korrigieren.
Auch hier gilt für den Desktop-Publisher – wie bei der Schusterjungen-Zeile – sorgfältig Textfluss und Seitenumbrüche zu gestalten.
Hier sind u.a. Schriftgröße und Zeilenabstand wichtige Hilfsmittel.

Herkunft:
Zu der Zeit, in dem der Begriff Hurenkind in das Druckhandwerk Einzug hielt, war das Vorurteil verbreitet, dass die Kinder von Prostituierten nicht wussten, wer ihr Vater war.
So ähnlich verhält es sich auch mit dem Textfragment oben auf einer Seite, deren Bedeutung erst durch das Zurückblättern ermittelt werden kann.


In modernen Desktop-Publishing-Programmen (z.B. Adobe InDesign) können Sie die automatische Seitenumbruchfunktion verwenden, um solche typografischen Fehler zu minimieren. Dennoch ist es ratsam, den Text vor der endgültigen Veröffentlichung sorgfältig zu überprüfen, um sicherzustellen, dass keine Schusterjungen oder Hurenkinder auftreten.

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