Warum werden Schriftgrößen in Punkt gemessen? Eine umfassende Erklärung für Einsteiger und Profis
Tagtäglich gehen wir damit um – erstellen Layouts mit Programmen wie Adobe InDesign, Adobe Illustator oder CorelDRAW. Das Einstellen der Schriftgrößen erfolgt ganz automatisch – wir denken gar nicht mehr darüber nach.
Aber jetzt kam ein Kunde und stellte die Frage: Warum wird die Schriftgröße in Punkt gemessen? Wie groß ist ein Punkt und warum gibt es da keine metrische Maßeinheit, wo wir doch sonst alles in mm oder cm messen?
Eine gute Frage, die sicherlich nicht nur diesem einen Kunden gekommen ist, zumal dieses ominöse “pt” als Maßeinheit auch Ihnen in Textprogrammen wie Microsoft Word oder anderer Grafiksoftware regelmäßig begegnet. Schriftgrößen wie 10 pt, 12 pt oder 72 pt sind dabei geläufig.
In diesem Artikel erfahren Sie alles Wichtige zur Punktgröße in der Typografie und deren praktischer Bedeutung.
Was ist ein Punkt in der Typografie?
Ein Punkt ist eine standardisierte Maßeinheit, die in der Typografie zur Bestimmung der Schriftgröße verwendet wird.
Im modernen Desktop Publishing entspricht 1 Punkt exakt 1/72 Zoll, das sind rund 0,3528 Millimeter.
Zur besseren Orientierung:
- 12 pt = 12/72 Zoll = 1/6 Zoll ≈ 4,23 mm
- 72 pt = genau 1 Zoll = 2,54 cm
Wichtig:
Die Punktgröße beschreibt nicht nur die sichtbare Höhe der Buchstaben, sondern den gesamten Schriftkegel – den Raum, den ein Buchstabe inklusive Ober- und Unterlängen innerhalb einer Zeile einnimmt.
Die historische Entwicklung der Punktgröße
Das Punktmaß geht auf den französischen Typografen Pierre Simon Fournier zurück, der 1737 ein erstes System zur einheitlichen Messung von Schriftgrößen entwickelte.
Später verbesserte François-Ambroise Didot dieses System, das vor allem in Europa verwendet wurde.
Parallel dazu entwickelte sich in den USA und Großbritannien das Pica-System: 1 Pica = 12 Punkte, 6 Pica = 1 Zoll.
Dieses System bildet die Grundlage des heute weltweit genutzten DTP-Standards (Desktop Publishing).
Warum werden Schriftgrößen in Punkt gemessen?
Die Punktgröße bietet zahlreiche Vorteile gegenüber anderen Maßeinheiten wie Millimeter oder Zoll:
- Exakte Differenzierung kleiner typografischer Abstufungen.
- Standardisierte Angabe, besonders in der digitalen Typografie.
- Effiziente und traditionsreiche Typometrie, abgestimmt auf Drucktechnik und Designpraxis.
Statt komplizierter Millimeterwerte (z. B. 4,233 mm), erlauben klare Punktgrößen (z. B. 12 pt) präzises und konsistentes Arbeiten im Layout.
Wie misst man eine Schriftgröße in Punkt?
Die Punktangabe einer Schrift bezeichnet den gesamten vertikalen Raum, den eine Schriftart einnimmt – also inklusive Oberlängen (z. B. bei „h“), Unterlängen (z. B. bei „g“) und minimalem Abstand.
Zwei Schriftarten mit gleicher Punktgröße (z. B. 12 pt) können optisch unterschiedlich groß wirken, da die x-Höhe variiert.
Diese x-Höhe bezeichnet die Höhe der Kleinbuchstaben ohne Ober- und Unterlängen, also die Höhe des Buchstabens „x“ in einer Schriftart.
Diese Maße beeinflussen die Lesbarkeit und das Erscheinungsbild einer Schrift.
Einige interessante Aspekte der x-Höhe:
- Lesbarkeit:
Schriften mit einer größeren x-Höhe wirken oft moderner und sind auf Bildschirmen besser lesbar. - Designunterschiede: Klassische Serifenschriften wie Times New Roman haben eine kleinere x-Höhe als moderne serifenlose Schriften wie Arial.
- Optische Wirkung: Eine hohe x-Höhe kann eine Schrift kompakter erscheinen lassen, während eine niedrige x-Höhe eleganter wirken kann
Eine Schriftart mit hoher x-Höhe erscheint größer als eine mit kleiner x-Höhe – obwohl beide technisch gleich groß sind.
Schriftgrößenbestimmung mit einem Typometer
Liegen Ihnen keine Informationen über die Druckdatei eines Textes vor, können Sie mit Hilfe eines Typometers die Schriftgrößen ermitteln.
Dabei handelt es sich um ein spezielles Lineal, das in der Typografie und im Grafikdesign verwendet wird, um Schriftgrößen, Zeilenabstände und andere typografische Maße zu bestimmen.
Sie bestehen meist aus transparentem Kunststoff und werden auf das gedruckte Medium gelegt.
Anhand der dort aufgedruckten Skalen können sie leicht die Schriftgröße in Ihrem Printmedium feststellen.
Anwendung von Punktgrößen in der Praxis
In der digitalen Typografie und im Printdesign gelten die folgenden Punktgrößen als üblich:
Punktgröße | Typischer Einsatzzweck |
---|---|
6–8 pt | Fußnoten, juristische Texte, kleingedrucktes |
10–12 pt | Fließtexte in Büchern, Zeitungen, Webseiten |
14–18 pt | Zwischenüberschriften, kurze Werbetexte |
24+ pt | Headlines, Plakate, Titelzeilen |
72 pt | Große Logos, Plakatüberschriften, Displays |
Beachten Sie, dass die tatsächliche Darstellung einer Punktgröße je nach Medium und Bildschirmauflösung variiert.
Punktgrößen und digitale Auflösung
In der digitalen Typografie gilt die Regel:
- 1 Punkt = 1/72 Zoll
- Ein Monitor mit 72 dpi (dots per inch) gibt 1 Punkt exakt als 1 Pixel wieder.
- Auf modernen Bildschirmen mit hoher Auflösung (z. B. Retina-Displays) wirkt derselbe Punktwert kleiner, da mehr Pixel pro Zoll angezeigt werden.
Daher wird im Webdesign häufig mit relativen Schriftgrößen wie em, rem oder % gearbeitet, um responsives Design zu ermöglichen.
Fazit: Warum Punktgrößen auch heute unverzichtbar sind
Die Punktgröße hat sich über Jahrhunderte hinweg als präzise Maßeinheit etabliert. Trotz der geringen absoluten Größe (rund ein Drittel Millimeter) ist der Punkt aus der modernen Typografie nicht wegzudenken.
Wenn Sie als Designer, Layouter oder Redakteur professionell mit Schriften arbeiten möchten, sollten Sie die Bedeutung der Punktgröße genau verstehen. Sie ermöglicht konsistente Gestaltung, optimale Lesbarkeit und saubere Layouts – sowohl im Print als auch im Web.